Einträge von: Marco Clausen

Frühlingserwachen oder „ich geh dann mal Scheisse schaufeln“

„Süße, wohlbekannte Düfte / Streifen ahnungsvoll das Land“, so lieblich fängt bei Eduard Mörike der Frühling an. Etwas hartgesottener sollte der urbane Jungbauern mit einsetzender Schneeschmelze an sein Handwerk gehen, denn nach dem Winterquartier des Zirkus „Magic“ (hier ein taz-Bericht über den festgefrorenen Gartenzwischennutzer) heisst es im Prinzessinnengarten jetzt ersteinmal: Kamelscheisse schippen. Und doch gibt es kaum etwas Schöneres für den Gärtner als den ersten Hauch von Frühling. Das Grün einiger zäher Pflanzen, die dem härtesten Frost standgehalten haben, schimmert durch das Eis und die ersten Bienen trauen sich wieder nach draussen.


Guerilla Gardening on Princess Street (London)

Kann es ein Zufall sein? Wie am Moritzplatz so gibt es auch in London eine Prinzessinnenstraße und auch hier wird unter dem Motto „pimp your pavement“ alternatives Stadtgrün gepflanzt. Es ist der Wohnort von Richard Reynolds, Autor von „Guerilla Gardening. Ein botanisches Manifest“ und einer der aktivisten Vertreter der Szene. Hier gibt es Einblicke (Video: Englisch, deutsch) für all jene, „die daran glauben, dass sich die Welt auch außerhalb der eigenen vier Wände gestalten lässt“


18.2 Garten mit märchenhaftem Namen auf hr2

Im Winter bleibt nur: den Garten der öffentlichen Meinung beackern. Im Herbstradio erklärt Robert unsere Beetpatenschaften und der Hessischer Rundfunk 2 beschäftigt sich in dem Beitrag „Postfossile Stadtgestaltung“ mit der „Rückkehr der Obst- und Gemüsegärten“. Zu der wachsenden Bewegung von „neuen Formen urbanen Gärtnerns“ wird auch der Prinzessinnengarten gezählt. Robert berichtet in dem Beitrag von unserer mobilen sozialen Landwirtschaft in der Stadt, erzählt was wir anbauen und wie wir es so tun, dass wir mit dem Garten umziehen können. „Nomadisch Grün, der Name ist Programm: Mobile Gärten, sie lassen Hausdächer ergrünen, Parkplätze und andere versiegelte Flächen“. Zum Nutzen der neuen Gärten heisst es: „Als CO2-Senken tragen die grünen Oasen zum Klimaschutz bei. In Krisenzeiten können sie zur Selbstversorgung dienen. Interkulturelle Gärten stiften zudem Gemeinschaft über Kulturen und Nationalitäten hinweg. Weitsichtige Stadtverwaltungen unterstützen daher das gärtnerische Engagement ihrer Bürger.“

Hier der hr2-Podcast


Auf Safari zwischen „Herzgespann“ und „Kassler Strünkchen“

Nach Kassel zu einem Workshop über Jugendbeteiligung ausgeflogen, um hier von unseren Erfahrungen mit der Stadtsafari zu berichten und sich mit anderen Modellprojekten auszutauschen. Ein Fazit der Veranstaltung: Methoden wie unser Junior-Guide-Modell, bei denen Jugendliche selbst  Mittel und  Verantwortung in die Hand bekommen, um ihre Stadt mitzugestalten, erweisen sich als vielversprechender Ansatz für eine erfolgreiche Beteiligung.

Auf unseren Streifzügen durch Kassel haben wir neben kubanische Pseudogärten auch eine sehr schöne Form von Gartenaktivismus entdeckt: Nachts treffen wir auf menschenleerer Strasse zufällig Karsten vor einem als Ausstellungsraum genutzten Transformatorenhäuschen. Drumherum hat er liebevoll einen kleinen aber für Kenner aufsehenerregenden Garten angelegt. Hier wachsen seltenen Nutzpflanzen wie „Herzgespann“, „Engelwurz“, „Kassler Strünkchen“ und „Helgoländer Wildkohl“ inmitten von Kassels Wiederaufbauarchitektur . Unter dem Titel „essbare Stadt“ plant er eine weitere großangelegte Bepflanzung von Freiflächen mit Nutzhölzern, insbesondere mit Walnüssen. Er befindet sich dabei in bester Tradition, denn schon Joseph Beuys hat als alternativer Stadtbegrüner den öffentlichen Raum in Kassel um 7000 Eichen bereichert.


Stadt ohne Öl

Post-Oil-City ist das Thema einer Ausstellung in der Stuttgarter IfA-Gallerie und  der neuesten Ausgabe von „Arch+“. Hier berichtet Caroline Mees über die „Urban Agriculture“ in New York und schreibt einleitend:  „Bereits heute sind Städte für rund 70 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, ein nicht unerheblicher Anteil davon entfällt auf den Transport und die Nahrungsmittelversorgung. Eine nachhaltige Stadtplanung muss daher auch die Verkürzung und Vermeidung von Transportwegen und die Aktivierung lokaler und regionaler Systeme zum Ziel haben.“


Industrieruinen begrünen

Die Berliner Zeitung berichtet aus Detroit, wie sich die Ruinen der Industriegesellschaft in die Äcker der Zukunft verwandeln, Fabrikhallen zu Gewächshäusern werden und Fließbänder zu Hochbeeten. Der Dokumentarfilm „Urban Roots“ zeigt, dass es dabei um so elementare Dinge geht, wie die Nahrungsmittelversorgung der städtischen Armen sicherzustellen, und folgt einer Gruppe von Aktivisten, die den Kollaps von Motor-Town Detroit und damit das Ende einer industriellen Ära als Chance begreift, um kreative Lösungen von unten zu formulieren, die Menschen und Nachbarschaften einzubeziehen und eine Bewegung zur nachhaltigen Transformation der Städte zu initiieren. In all dem wird auch deutlich, wir sind alle doch nur Zwischennutzer. Auf dem Zentralflughafen Tempelhof sieht man keine Flugzeuge mehr abheben, sondern Füchse durch den Schnee toben und in die Zechen des Ruhrgebiets kehrt der Wald zurück, der dort schon vor dem großmaßstäblichen Kohleabbau gestanden hat.


Nomadische Landwirtschaft und kosmopolite Lebensweisen

Unsere nomadischen Beete sind die Antwort. So sieht das jedenfalls Sabine Rohlfs in ihrem heutigen Feuilletonbeitrag „Nomadische Landwirtschaft“ in der Berliner Zeitung. Und zwar die Antwort auf die Frage, wie sich moderne kosmopolite Lebensweisen, in denen man ständig auf dem Absprung ist nach New York, Rio, Tokyo, wie sich diese also mit einer gärtnerischen Existenz verbinden lassen, d.h. „mit geduldiger Kompostierung, mit zyklischen Abläufen, mit tief verwurzelten Pflanzen“. Unsere mobile Landwirtschaft sei „anders als Garten- oder Hausprojekte, die auf dauerhafte Aneignung abzielen, (…) bereit, bei Bedarf wieder das Feld zu räumen. Möglich ist das dank transportabler, aus Plastik-Brotkisten gestapelter Hochbeete, die man leicht reisefertig machen kann. Sie sehen hübsch aus und machen unabhängig von der Bodenqualität.“

Wie man ein Pickup in eine mobile Farm verwandelt, könnt ihr bei den Leuten von wickedelicate sehen.


Es liegt ein Grünschleier über der Stadt

Grüne Woche, da denkt man an Häppchenjäger, Claas-Traktoren und preisgekrönte Zuchtbullen. Aber wir haben auch Diskussionem zwischen bedrohten Kleingärtnern und Baustadträten bestaunt, wurden von Ökobauer Hubert Jaksch in die Geheimnisse traditioneller Lebensmittelkonservierung eingeweiht und haben das neue Kompendium seltener Sorten vom Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen (VERN) ergattert. In Halle 4.2 hat Julia Jahnke vom INKA-Projekt der Humboldt-Universität ihren mobilen „Bildungsgarten Anpassung an den Klimawandel“ vorgestellt. Der Prototyp ist entstanden in Zusammenarbeit mit der Forstgruppe der Werkgemeinschaft Berlin-Brandenburg, der Gartenarbeitsschule Wedding und mit uns von Nomadisch Grün .