Internationale Urban Farming Konferenz

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Am 11. und 12. September hat die Grüne Liga zu einer internationalen „Urban Farming Conference“ in Berlin eingeladen. Im Fokus der Konferenz stand der internationale Austausch von Projekten sowie die Zusammenarbeit mit Kommunen. Zu Gast waren Projektbeispiele aus Europa, Afrika, Asien, Nord- und Südamerika (Dokumentation). Die über 120 KonferenzteilnehmerInnen aus der ganzen Welt haben auch eine Reihe von Berliner Urban Gardening Projekten besucht. In der Laube in den Prinzessinnengärten gab es einen gemeinsamen Ausklang mit einem gemeinsamen Essen und einem Konzert des Garten- und HipHop-Aktivisten EL AKA (Agroarte, Kolumbien).

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Vorstellung des 15th Garden-Netzwerks zu Ernährungssouceränität in Syrien

Recht auf Stadt

Im Rahmen der Urban Farming Konferenz waren die Prinzessinnengärten  zusammen mit Nicole Rogge (FH Münster) und Rhonda Teitel-Payne (Toronto Urban Growers) eingeladen zu dem von Christa Müller (anstiftung) moderiertem Workshop „Recht auf Stadt“.  Hier der auf den Call hin eingereichte Themenvorschlag

Prinzessinnengärten: Zwischen Pioniernutzung und Gentrifizierung

Von Marco Clausen (Mit-Gründer Prinzessinnengärten und Nachbarschaftsakademie, Co-Autor Urban Gardening Manifest „Die Stadt ist unser Garten“

2009 wurde mit Hunderten von Freiwilligen eine ehemalige Brachfläche am Moritzplatz in Berlin Kreuzberg in einen urbanen Garten verwandelt: die Prinzessinnnengärten. Sie gelten inzwischen als ein weltweit bekanntes Pionierprojekt für urbane Gärten und verbinden soziale, kulturelle und Bildungsaktivitäten mit eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten. Inzwischen zeitigt der „Hype“ rund um das Thema Urban Gardening allerdings auch zahlreiche problematische Phänomene. Dazu gehört beispielsweise die Einengung des Themas auf Lebensstilfragen einer umweltbewußt konsumierenden Mittelschicht, die Aneignung von Bildern und Praktiken durch die Werbeindustrie und Greenwashing – beispielsweise in Form von Gemeinschaftsgärten des Energiekonzerns Vattenfall – oder die – wenn auch nicht unbedingt intendierte – Aufwertung von Nachbarschaften. Unter anderem im Rahmen der 2015 gegründeten Nachbarschaftsakademie und mit dem 2014 veröffentlichten Manifest „Die Stadt ist unser Garten“ haben wir versucht, auch diese zwiespältigen Entwicklungen zu diskutieren und ein Idee urbaner Gärten zu vermitteln, die sich zentral den Themen Ernährungssouveränität, soziale und ökologische Gerechtigkeit sowie der Solidarität mit Ansätzen urbanen Landwirtschaft und den kleinbäuerlichen Bewegungen im globalen Süden verschreibt.

Am Beispiel der Prinzessinnengärten will ich versuchen, Widersprüche und Ambivalenzen im Rahmen des Urban Gardening aufzuzeigen, insbesondere in Hinblick auf das Thema Recht auf Stadt und die derzeit teils dramatischen Verdrängungsprozesse in Berlin Kreuzberg. In der unmittelbaren Nachbarschaft der Prinzessinnengärten schiessen teure Eigentumswohnungen aus dem Boden. Die letzten Brachflächen verschwinden. In einer der ärmsten Nachbarschaften der Stadt zählen inzwischen die Neuvermietungspreise für Gewerbe und Wohnen zu den höchsten in Berlin. Zahlreiche alternative Projekte, selbstorganisierte Orte wie die Prinzessinnengärten oder auch die Kreativindustrie haben zur Attraktivität der Nachbarschaft beigetragen. Doch die Analyse von Gentrifizierungprozessen lässt sich nicht auf die Beschreibung kultureller Phänomene beschränken. Die Verwandlung von Boden in eine Ware, Privatisierung- und Spekulationsprozesse engen die Spielräume von zukunftsfähigen Alternativen zusehends ein. Wie können wir trotz dieser Prozesse dennoch dafür sorgen, dass die neuen Formen des Arbeitens und Handeltreibens nicht zur Verdrängung der hier schon seit Jahrzehnten lebenden Bevölkerung, des nachbarschaftsorientierten Kleingewerbes, der Frei- und Grünräume beitragen? Diese Frage stellt sich auch für die Prinzessinnengärten. Die Fläche am Moritzplatz gehört zu einer der letzten Freiräume in öffentlichen Eigentum. Hier ist ein Ort der Natur in der Stadt geschaffen worden, ein Freiraum des Lernens, des Austausches und der Begegnung, eine Plattform für politische Auseinandersetzung, aber auch ein Arbeitsplatz für bis zu 30 Menschen. Zu den zahlreichen Hindernissen für das Projekt zählte nicht zuletzt die Absicht der Stadt, das Grundstück, wie schon tausende andere Flächen zuvor, meistbietend zu verkaufen. Im Jahr 2012 haben 30 000 UnterstützerInnen den geplanten Verkauf an einen Investor verhindert. Der daraufhin mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg abgeschlossene Mietvertrag läuft bis Ende 2018. In meinem Vortrag will ich der Frage nachgehen, was wir tun können, um solche Orte als Gemeingüter bzw. Commons dauerhaft für das Gemeinwohl zu sichern und wie wir damit zu einer sozial und ökologisch zukunftsfähigen und gerechten Stadtentwicklung beitragen können.