“Urban Gardening in der Stadt verwurzeln“ oder 200.000 Bienen warten auf einen neuen Garten.


Ein Gastbeitrag von Pächter*innen aus dem Himmelbeet in Berlin-Wedding

Am 18.12. 2018 wird mit einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Regine Günther, beschließt „Urban Gardening in der Stadt verwurzeln“. “Wesentliches Ziel ist auch die politische Anerkennung der Urban-Gardening-Bewegung sowie die Schaffung zukunftsfähiger Formen der Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.” Dabei soll die gemeinschaftliche Gestaltung von Grün im Vordergrund stehen.

Bild: Urlike Amsel

Wie auch in den Prinzessinnengärten am Moritzplatz wird im Himmelbeet am Leopoldplatz gemeinschaftlich gegärtnert. In Kreuzberg und im Wedding wurden so Orte der ökologischen Artenvielfalt und für die Nachbarschaft geschaffen. Dennoch haben beide mit Verdrängung zu kämpfen. Die Prinzessinnengärten haben die Initiative „Prinzessinnengarten Kreuzberg für 99 Jahre als Gemeingut sichern!“ gegründet. Das Himmelbeet existiert nun sieben Jahre und soll nun zum 31. Oktober 2020 die Fläche räumen.

Das ursprüngliche Aus für das Himmelbeet im Oktober 2019 wurde so um ein Jahr verschoben. Erst Anfang April wurde bekannt, dass es zu einer Bauverzögerung bei den Nachnutzern der Fläche kommt, sodass die Zwischennutzung des Gartens um ein Jahr verlängert wurde.

Das Himmelbeet hat bereits zahllose Gespräche mit der Verwaltung und Politik geführt, BVV-Sitzungen besucht und Eingaben gemacht, politische Akteure zum Austausch in den Garten eingeladen. Anfangs schien es noch Kooperationsmöglichkeiten mit dem Nachnutzern zu geben, später hüllte sich der GRÜNE Bezirk Mitte nur noch mit Schweigen.

Ein Rückblick: Bereits 2016 wurde eine Förderung durch “Green Urban Labs” gewonnen, um eine gemeinsame Lösung von Amandla und dem Himmelbeet auf dem aktuellen Standort zu verwirklichen. Mit dem einseitigen Vertragsabschluss zwischen dem Schul- und Sportamt und Amandla hat sich die Grundlage für das Modellprojekt aufgelöst. Von der Änderung des Antrages hat das Himmelbeet erst nach der Bewilligung erfahren.
Nun nimmt Herr von Dassel, der Grüne Bezirksbürgermeister von Mitte, die Sache selbst in die Hand. Zu spät!? Im Rahmen des geänderten Modellprojektes soll nun auf einem Teil des Leopoldplatzes (ehem. Passierscheinstelle) urbanes gärtnern möglich werden. Dafür soll eine Personalstelle geschaffen und ein Bürgerbeteiligungsverfahren durchgeführt werden. Sollten sich die Beteiligten für einen urbanen Garten aussprechen, würde das Vorhaben ausgeschrieben werden. Das Himmelbeet könnte sich dann darauf bewerben. Viele Wenn und Aber. Nette Bemühungen, aber als wirklichen Einsatz für einen nahtlosen Anschluss für das Himmelbeet nach dem 31. Oktober 2020 verstehen wir das nicht. Und eine unmittelbare Lösung braucht der Garten, denn eine Zwischenlagerung aller Beete, Werkzeuge, der 200.000 Bienen und des Cafés wäre ohne weiteres nicht möglich.

Erst kürzlich twitterte der Grüner Bezirksbürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel: „Zukunft braucht Visionen – soziale und ökologische! Danke Ernst Reuter, dass Sie an Berlin geglaubt haben und wussten, wie wichtig grün für die Menschen und das Leben in dieser Stadt ist.“

Bild: Theresa Schiebel

Im Gemeinschaftsgarten Himmelbeet werden soziale und ökologische Visionen für eine bessere Zukunft für alle ausprobiert. Und das erfolgreich! Ein Ort für vier Bienenvölker, unzählige Insekten, Nachbarn und Nachbarinnen, so unterschiedliche, wie der Wedding selbst und natürlich zahlreiche Pflanzenarten. Viele viele Menschen haben hier schon zusammen Unkraut gejätet, Fahrräder recycelt und geimkert. All die geflügelten Worte der Politik werden hier gelebt: Inklusion, Ehrenamt, Beteiligung, niedrigschwellige Angebote, Vielfalt, generationsübergreifende Arbeit, zero waste, ökologische Artenvielfalt, Umweltbildung und so viel mehr.

Das aktuellste Beispiel für die gelebten sozialen und ökologischen Visionen des Gartens ist das inklusive Gartenbuch tuml. Es wurde gemeinsam von Menschen mit und ohne Behinderung in leichter Sprache erstellt und am 13. April als Projekt der “UN-Dekade Biologische Vielfalt 2019” ausgezeichnet.

Es war von Anfang an klar, dass das Himmelbeet eine Zwischennutzung ist. Aber in sieben Jahren Zwischennutzung ist in der Ruheplatzstraße viel gewachsen: Pflanzen, Ideen und ehrenamtliches Engagement. Für das Ehrenamt wurde im Bezirk Mitte sogar ein eigenes Büro eingerichtet und jetzt soll das Engagement im Himmelbeet einfach abgemäht werden? Widersprüchlich!

Auf der Fläche des Himmelbeets in der Ruheplatzstraße 12 will der Verein Amandla e. V. ein Sport- und Bildungszentrum errichten. Das Himmelbeet möchte nicht in Konkurrenz zu einem anderen sozialen Projekt stehen. Sport- und Bildungsangebote und -orte sind wichtig und werden gebraucht. Aber das Himmelbeet braucht ein (neues) Zuhause, um die gewachsenen ökologischen und nachbarschaftlichen Strukturen zu erhalten.

Wir fordern die Poliker*innen im Bezirk Mitte jetzt auf, ihren grünen Daumen für das Himmelbeet zu heben und gemeinsam nach einer Lösung für unser Gemeinschaftsprojekt zu suchen. Auch und gerade in Zeiten der knapper werdenden Freiräume ist der Erhalt solcher Projekte von immenser Bedeutung.

Und das fanden auch Sie, liebe Politiker und Politikerinnen.
Kathrin Göring-Eckardt feierte ihren Wahlkampf-Auftakt 2017 im Himmelbeet. Später kann man lesen: “Das Himmelbeet soll bis zum Beginn von Bauarbeiten für das „Safe-Hub-Projekt“ die jetzigen Flächen weiter nutzen können und eine attraktive Ausgleichsfläche im Herzen des Weddings erhalten und planerisch und finanziell unterstützt werden.

Eva Högel von der SPD präsentiert sich auf Ihrer Homepage mit einer Gruppe Geflüchteten und schreibt dazu: “Ein Projekt, das mich fasziniert, ist das »himmelbeet«. Direkt am Leopoldplatz wurde ein interkultureller Garten angelegt. Damit auch Geflüchtete hier etwas anbauen können, habe ich mehrere Beete für Familien aus den Flüchtlingsunterkünften der AWO gespendet.”

Auch der grünen Politiker Özcan Mutlu lässt 2017 in der BZ verlauten, wie wichtig er das Himmelbeet findet: „Das ist ein wunderbarer Nachbarschaftsgarten mitten in der Stadt, der von jungen Leuten vor einigen Jahren ins Leben gerufen worden ist. Man kann sich dort eine kleine Parzelle mieten und Gemüse anpflanzen. Sie arbeiten viel mit Schulen und Kindergärten, die dort ihre Beete haben. Es ist ein toller Ort, um Menschen zu treffen, zusammenzukommen und gemeinsam etwas zu erleben und zu lernen. Dort finden auch eine Menge politischer Aktivitäten statt. Zum Beispiel engagieren sie sich stark für Geflüchtete. Es ist u.a. auch eine gute Möglichkeit zur Traumabewältigung, eine tolle Integrationsarbeit, die dort geleistet wird.“

Inklusives BarCamp im-Gemeinschaftsgarten

Wo ist nun Ihr Einsatz für unser Himmelbeet geblieben? Wir wollen eine neue Fläche ab der Saison 2021 für das Himmelbeet im Wedding. Die Zeit ist knapp. Wir fordern eine schnelle Prüfung aller in Frage kommenden Flächen durch das Bezirksamt und eine lösungsorientierte Zusammenarbeit, insbesondere mit dem Straßen und Grünflächenamt.

Wie wäre es zum Beispiel mit einem Dauergartenvertrag, wie er von der Initiative zur Sicherung des Prinzessinnengarten Kreuzberg als Gemeingut entstande ist und inzwischen vom Netzwerk Urbane Gärten unterstützt wird. Wie wäre es zum Beispiel mit einem , wie ihn die Initiative Prinzessinnengarten Kreuzberg im Abgeordnetenhaus vorgestellt haben?

Das Himmelbeet ist ein Ort für gelebte Gemeinschaft und Ökologie im Wedding. Aus der Nachbarschaft für die Nachbarschaft. Und das soll auch so bleiben!

Weitere Informationen zum Himmelbeet findet Ihr unter: himmelbeet.de

Oder kommt Dienstag bis Sonntag zwischen 10 Uhr und 22 Uhr in der Ruheplatzstraße 12 vorbei.

Kim, Volker, Lukas, Ulrike, Monica, Blanca und Anne, im Namen vieler Pächter*innen im Himmelbeet, Berlin, 1. Mai 2019