Severin Halder hat in Kooperation in der Nachbarschaftsakademie Einblicke gegeben in seine Aktionsforschungen zu urbanen Gärten und kollektiven Karten in Berlin und Medellín. Themen waren unter anderem die Politisierung urbaner Gärten, das #UrbanGardeningManifest, kritische Kartographie, die Aneignung durch Unternehmen wie Vattenfall und das Verhältnis von Forschen und Aktivismus. Vielen Dank Severin für deine Arbeit auf dem Papier und in der Bewegung!
Topic: Urbane Gartenbewegung
Parkplätze zu Parks
Der selbstorganisierte Parko Navarinou in Athen-Exarcheia
(see english below)
Die Nachbarschaftsakademie hat den Film „Parko“ in der Laube gezeigt.
Im Herzen Athens, im Stadtteil Exarcheia, gibt es dort, wo noch vor einigen Jahren ein kommerzieller Parkplatz war, heute einen Park mit Olivenbäumen, Gemeinschaftsgärten, öffentlichen Versammlungen und Filmprogrammen. Doch dieser Park war nie von der Stadtverwaltung geplant. Vielmehr sollte die Fläche entwickelt und bebaut werden. Als die Nachbarschaft davon Wind bekam, forderte sie das naheliegende: einen Park für alle, statt Wohnungen und Büros für wenige. Statt auf die Politik zu warten, nahmen sie den Presslufthammer selbst in die Hand, befreiten die Erde vom Beton, pflanzten Bäume und Gärten und betreiben seither den Park in eigener Regie. Heute ist das ehemalige Grau nicht nur ein vielfältiges Grün, der Park ist auch ein Experiment in Selbstorganisation und Plattform für unterschiedliche politische, soziale und kulturelle Aktivitäten.
Ein Fall von Greenwashing
Kolumne von Christa Müller zu den „Gemeinschaftsgärten“ von Vattenfall:
Mit der Förderung von Braunkohle und dem Betreiben von Atomkraftwerken hat der Energiekonzern Vattenfall viel Geld verdient – und hohe Kosten für Natur und Gesellschaft verursacht. Nun verklagt der Konzern die Bundesrepublik wegen des Atomausstiegs auf fast fünf Milliarden Euro Schadenersatz für „entgangene Gewinne“…. Schon jetzt kostete das Verfahren den deutschen Staat mehrere Millionen – Geld, das fehlt, um zum Beispiel grüne Infrastrukturen in den Städten auszubauen. Hier wiederum engagiert sich – ausgerechnet – Vattenfall! In Berlin eröffnet der Konzern sogenannte „Vattenfall-Gemeinschaftsgärten“ …. Der Konzern, der jährlich 8,5 Millionen Tonnen CO2 allein von Hamburg aus ins Gemeingut Luft entlässt, engagiert sich in Berlin für die Begrünung der Stadt?
Bereits bei der Eröffnung des Vattenfall-Gartens in der Köpenickerstraße in Berlin Mitte hatten einige Gartenaktivist*innen vor Ort auf das Greenwashing aufmerksam gemacht:
„Wer über Jahrzehnte Millionen mit dem ungebremsten Verfeuern fossiler Energieträger verdient hat und dies auf Kosten des Klimas, der Umwelt und zukünftiger Generationen, der kann sich nicht einfach mit ein paar symbolischen Gärten von dieser Verantwortung reinwaschen“.
Der komplette Text der Aktion findet sich hier. Auch das Freie Radio hat einen Beitrag „Ein Fall von Greenwashing?! Garteneröffnung bei Vattenfall in Berlin“ gesendet.
Nachruf auf Gerda Münnich (1939-2017)
Gerda Münnich ist am 12. April von uns gegangen. Die Lücke, die ihr unerwarteter Tod in die Berliner Gartenbewegung reißt, wird nicht zu schliessen sein. Gerda wird uns schmerzhaft fehlen.
„Mutter der Berliner Interkulturellen und Gemeinschaftsgärten“ hat sie sich manchmal mit einem Augenzwinkern genannt. Doch das war sie wirklich. (mehr …)
In Verteidigung der Gärten – Brüsseler Geschichten
Noemie Pons-Rotbardt und Livia Cahn, die beiden zu Gärten forschen und in Gärten in Brüssel aktiv sind, haben in die Nachbarchaftsakademie eingeladen, um sich darüber auszutauschen, wie Gemeinschaftsgärten davor geschützt werden können verdrängt oder zerstört zu werden.
Noemi und Livia sind Teil der Forschungsgruppe Ecologies de Bruxelles die zu der Frage arbeitet, wie urbane Ökologien Teil urbaner und sozialer Kämpfe sein können. Gleichzeitig sind die beiden Teil der Brüsseler Gartenbewegung. Sie haben berichtet, wie in Brüssel vor genau einem Jahr, zum Internationalen La Via Campesina Tag (17. April), über 200 verschiedene urbane Gärten ein gemeinsames Forum zur Verteidigung des Grüns in der Stadt gegründet haben, das Tuiniers Forum des Jardiniers.
Im anschließenden Gespräche haben wir uns auch zur Bedrohung von Gärten in Berlin und anderen Städten und möglichen Verteidigungsstratehien ausgetauscht. Erwähnt wurde nicht nur die Kampagne „Wachsen lassen!“, die 2012 für den Erhalt der Prinzessinnengärten zumindest bis 2018 gesorgt hat, sondern vor allem auch aktuelle Fälle. Sowohl der Neuköllner Gemeinschaftsgarten Prachttomate wie das Weddinger himmelbeet waren bei der Diskussion vertreten und haben auf die aktuelle Gefährdung der beiden Gartenprojekte verwiesen. Das himmelbeet hat gerade die Petition himmelbeet muss bleiben gestartet.
ngbk Projekt zu Archäologien der Nachhaltigkeit
Die Hauptversammlung der ngbk hat entschieden, die „Archäologien der Nachhaltigkeit“ als erster Projekt im Rahmen einer neuen Förderung von künstlerischen Forschungsvorhaben zu unterstützen. Das Vorhaben, das sich ausgehend von Leberecht Migge mit dem Entstehen und dem Wandel von Ideen der Nachhaltigkeit in der Moderne auseinandersetzt, wurde von Silvan Linden, Asa Sonjasdotter, Florian Wüst, Sandra Bartoli und Marco Clausen eingereicht.
Mehr Grün für Berlin
GROW / Prinzessinnengarten, animiert von Laleh Torabi and editiert von Christian Hiller
Aus Anlass der Koalitionsverhandlungen in Berlin haben einige Gartenaktivist*innen die Wahlkampfprogramme einer möglichen rot-rot-grünen Regierungskoalition zum Grün in der Stadt gelesen und Ideen formuliert, wie diese in die Tat umgesetzt werden können.
Urbane Gärten in Accra
Auf Einladung des Goethe Institus Accra hat der Prinzessinnengarten mit lokalen TeilnehmerInnen einen Workshop zum Aufbau eines urbanens Gartens durchgeführt. Wir haben zusammen mit den Teilnehmenden verschiedene urbane Garten und urbane Landwirtschafts-Initiativen in Accra besucht und in Vorträgen und Paneldiskussionen die Möglichkeit gehabt, uns mit lokalen Initiativen und Vertretern der Verwaltung zu Fragen urbaner Gärten und urbanen Landwirtschaft, zur Stadtentwicklung sowie zu öffentlichen und selbstorganisierten Grünflächen auszutauschen.
Früchte & Widersprüche urbaner Gärten
Wenn der Kohle- und Kernkraftwerksbetreiber Vattenfall Gärten in Berlin Mitte baut, wenn Quatar-Air Touristen mit einem Besuch in die Prinzessinnengärten lockt, wenn Berliner Gemeinschaftsgärtner*innen für Google Werbung machen, wenn Gala Modestrecken vor DIY-Beeten im Allmende-Kontor schiesst, wenn Luxusimmobilien als grüne Oasen in alternativen Kiezen angepriesen werden und die soziale Mischung im Garten nicht der in der Nachbarschaft entspricht, dann ist es vielleicht an der Zeit innezuhalten und sich zu fragen, was passiert hier?
Eine andere Welt ist pflanzbar!
Ella von der Haide hat ihren neuen Film über urbane Gemeinschaftsgärten in Deutschland vorgestellt und die ZuschauerInnen mit auf eine Reise zu sieben urbanen Gemeinschaftsgärten in großen und kleinen deutschen Städten genommen. Der einstündige Film Eine andere Welt ist pflanzbar! (Teil 5) zeigt die Vielfalt der Themen, die in den Projekten behandelt werden. Es kommen Menschen zu Wort, die sich für Saatgutvielfalt, für eine Stadtpolitik von Unten, für lokale und ökologische Nahrungsmittelsproduktion und für Teilhabe von Menschen einsetzen, die vor Krieg und Gewalt geflohen sind. Zu sehen sind die Gärten Annalinde (Leipzig), Keimzelle und Hof vorm Deich (Hamburg), Interkultureller Frauengarten (Oberhausen), Experimentier- und Wabengarten des Ökologischen Bildungszentrums (München) und der Interkulturelle Garten in Aalen. Mehr Infos unter: www.eine-andere-welt-ist-pflanzbar.de